Web3 in der Anwendung — Non-Fungible Token (NFT) als Basis für digitale Identitäten und neue Geschäftsmodelle

17.05.2024

Wie der Anfang des Jahres veröffentlichte Web3 Readiness Report des Labs Web3 im BVDW zeigte, ist einer der wesentlichen Hindernisse in der Nutzung von Web3 und Web3-nahen Technologien in Unternehmen der deutschen Digitalwirtschaft, dass konkrete Anwendungsfälle oftmals zu unbekannt sind. Lediglich ein Drittel der befragten Unternehmen haben bereits eigene Web3-Projekte umgesetzt.  

Ein guter Zeitpunkt also, um in Teil fünf unserer Serie „Web3 von A bis Z: Eine explorative Serie über das Internet von morgen” tiefer einzusteigen in Anwendungsbereiche von Web3, die auf Non-Fungible Token (NFT) aufbauen und sowohl für Verbrauchende als auch für Unternehmen vielseitige Mehrwerte liefern können. 

Was sind Non-Fungible Tokens – kurz NFTs?

Non-Fungible Tokens, oder NFTs, sind Blockchain-basierte Token, die jeweils einen einzigartigen Vermögenswert wie ein Kunstwerk, digitale Inhalte oder Medien repräsentieren. Ein NFT kann somit als unwiderrufliches digitales Eigentums- und Authentizitätszertifikat betrachtet werden, unabhängig davon, ob es sich um einen digitalen oder physischen Vermögenswert handelt. 

 

NFTs sind wie folgt konzipiert: 

  • kryptografisch verifizierbar
  • einzigartig oder selten  
  • leicht übertragbar

Durch die Nutzung kryptografischer Signaturen, die in der Blockchain, auf der ein NFT ausgegeben wird, enthalten sind, können der Ursprung und der aktuelle Eigentümer des betreffenden Vermögenswerts innerhalb von Sekunden ermittelt werden. 

Wie wird ein NFT erstellt?

Ein NFT wird von eine*r Künstler*in, Schöpfer*in oder Lizenzinhaber*in durch einen Prozess namens Minting erstellt. Das Minting ist ein Prozess, bei dem eine Blockchain-Transaktion unterzeichnet wird, in der die grundlegenden Token-Details festgelegt werden. Diese wird dann an die Blockchain übertragen, um eine Smart-Contract-Funktion auszulösen, die den Token erstellt und seine*r Besitzer*in zuweist.  

„Unter der Haube” besteht ein NFT aus einer eindeutigen Token-Kennung oder Token-ID, die einer Eigentümer*innen-Kennung zugeordnet und in einem intelligenten Vertrag gespeichert ist. Wenn der/die Eigentümer*in einer Token-ID diese an einen anderen Nutzenden übertragen möchte, kann die Eigentümerschaft leicht verifiziert und das Token eine*r neuen Eigentümer*in zugewiesen werden. 

 

Für welche Arten von Vermögenswerten können NFTs verwendet werden?

NFTs können für praktisch jeden Vermögenswert erstellt werden, ob physisch, digital oder metaphysisch:  

  • Für Veranstaltungstickets, um den Verkauf und die Authentizitätsprüfung zu vereinfachen und gleichzeitig Sammelfähigkeit und exklusive Erlebnisse zu ermöglichen.  
  • Zur Förderung der Fan- und Kundenbindung durch exklusive Sammlerstücke oder Erlebnisse; in der Spieleindustrie, um ein Ökosystem für In-Game-Gegenstände zu schaffen, die auf Sekundärmärkten gehandelt werden können. 
  • Für digitale Sammlerstücke bekannter Marken. 
  • Als Berechtigungsnachweise wie Führerscheine oder Berufszertifikate.  
  • Zur Verfolgung von Bruchteilseigentum („Fraktionalisierung”) oder Tantiemenansprüchen an Medien, Inhalten oder Kunstwerken.  

Die häufigsten NFT-Assets sind digitale Kunst, digitale Sammlerstücke, Inhalte wie Video- oder Audioaufnahmen und Eintrittskarten für Veranstaltungen. Aber auch das Eigentum an sogenannten „Real-World Assets” (RWA) wie Immobilien oder anderen Wertgegenständen kann durch NFTs authentifiziert und dem Eigentümer zugeordnet werden. 

Wie lassen sich Soulbound Tokens als spezifische Form von NFTs zur Gestaltung digitaler Identitäten nutzen und welche neuen Geschäftsmodelle eröffnen sich dadurch?

Digitale Identitäten im Web3 sind durch Blockchain-Technologie gesicherte Identitätsdaten, die einer Person oder Organisation zugeordnet sind. Sie ermöglichen eine sichere und überprüfbare Interaktion im digitalen Raum.  

Soulbound Tokens (SBTs) erweitern dieses Konzept, indem sie nicht übertragbare Token darstellen, die Attribute oder Qualifikationen an eine bestimmte Wallet binden. Sie dienen als unveränderliche Zeugnisse persönlicher Leistungen, Mitgliedschaften oder Berechtigungen und stärken damit die Authentizität und das Vertrauen in die digitale Identität. Durch die Verwendung von SBTs können Benutzer*innen ihre Identitäten in der Web3-Welt verifizieren und sichern und dabei gleichzeitig ihre Privatsphäre schützen. 

Neben dem Aspekt einer erhöhten Sicherheit im Umgang mit persönlichen Daten bieten über Token gespeicherte digitale Identitäten innovative Möglichkeiten zur Schaffung von Wert, zur Verbesserung der Nutzerbindung und zur Förderung kreativer Inhalte, wodurch spannende neue Geschäftsmodelle für die Digitalwirtschaft geschaffen werden können: 

  • Überprüfung der Authentizität von Inhalten: NFTs können eingesetzt werden, um die Authentizität und den Ursprung digitaler Inhalte zu überprüfen. Dies ist besonders nützlich in der Kunst- und Medienwelt, wo Urheberrechte eine zentrale Rolle spielen. Künstler*innen und Kreative können ihre Werke als NFTs registrieren lassen, wodurch sichergestellt wird, dass die Urheberschaft eindeutig nachweisbar ist und die Werke nicht ohne Zustimmung verwendet werden können. Und auch Nutzer*innen können so sichergehen, dass die von ihnen bezogenen Inhalte echt sind.
  • Zugang zu exklusiven Inhalten: Digitalunternehmen können NFTs oder SBTs nutzen, um Zugang zu speziellen Inhalten oder Ereignissen zu gewähren. Beispielsweise könnte ein Token den Zugang zu einer exklusiven Filmvorführung oder einem Interview hinter den Kulissen ermöglichen. Diese Tokens könnten auch als Teil eines Treueprogramms ausgegeben werden, das den Fans besondere Vorteile und Erfahrungen bietet.
  • Personalisierte Werbung und Content-Empfehlungen: Mit Hilfe von digitalen Identitäten könnten personalisierte Werbung und Inhalte angeboten werden, die genau auf die Vorlieben und Interessen der Nutzenden zugeschnitten sind. Dies verbessert nicht nur die Benutzererfahrung, sondern auch die Effektivität von Werbekampagnen.
  • Digitale Produkte: Unternehmen können physisch geprägte Produktpaletten um digitale Produkte erweitern und so neue Märkte erschließen. Als NFTs erstellte digitale Sammlerstücke oder Merchandising-Artikel, die von Fans gesammelt und gehandelt werden können, sind ein wesentlicher Anwendungsbereich. Dies könnte sich zu einem bedeutenden Markt entwickeln, insbesondere in Verbindung mit beliebten Filmen, Serien oder Spielen, oder anderen Arten von geistigem Eigentum. 

Welche Herausforderungen und Risiken bestehen bei der Einführung von NFTs?

Für Unternehmen

  • Technologische Komplexität
    Unternehmen müssen mit der Komplexität der Technologie umgehen, die Entwicklung und Implementierung von NFT-bezogenen Lösungen erfordert spezialisiertes Wissen und Ressourcen.
  • Regulatorische und rechtliche Compliance
    Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre NFT-Angebote den nationalen und internationalen Gesetzen entsprechen, einschließlich Identitätsprüfung, Anti-Geldwäsche-Maßnahmen und Wertpapiergesetzen.
  • Marktanpassung
    Unternehmen müssen schnell auf Innovationen im NFT-Sektor reagieren und ihre Angebote entsprechend anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
  • Ökologische Bedenken
    Unternehmen stehen vor der Herausforderung, umweltfreundliche Lösungen zu integrieren, um der Kritik an der Energieintensität von Blockchain-Netzwerken zu begegnen. 

Für Verbraucher*innen

  • Verständnis der Technologie
    Verbraucher*innen müssen die Komplexität von NFTs und der damit verbundenen Technologien verstehen, um informierte Entscheidungen treffen zu können.
  • Investitionsrisiken
    Es besteht das Risiko von Marktschwankungen und Investitionen in unrentable oder betrügerische NFTs.
  • Datenschutz und Sicherheit
    Verbraucher*innen müssen sich der Datenschutz- und Sicherheitsrisiken bewusst sein, insbesondere in Bezug auf die Speicherung und den Handel mit NFTs. 

Fazit

NFTs schaffen neue Möglichkeiten, digitale Anwendungen, die von Personalisierung profitieren, durch unverfälschbare digitale Identitäten und Identitätsauthentifizierung sicherer zu gestalten. Als wesentlicher Bestandteil von Sicherheitsstandards im „neuen Internet” bieten sie aber auch neue Möglichkeiten, Geschäftsmodelle digital zu erweitern oder sogar grundlegend neu zu entwickeln. 

Autor*innen 

  • Achim Hepp
    Head of Marketing, B1T5.IO, Lableiter Lab Web3
     
  • Andreas Günter
    Senior Consultant Mobile Strategy & Projects, Ströer, Lableiter Lab Immersive Technologies
     
  • Lea Horn
    Principal Consultant, Arvato Systems, stv.
    Vorsitzende der Fokusgruppe Immersive Experiences 
  • Klaus Streller
    Senior Manager of Product Development / Senior Product Owner, iq digital media marketing
     

Kontakt

Katharina Jäger
Leiterin Innovation & Technology
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