Content-Strategie: Schneller mit KI
Künstliche Intelligenz hat das Content Marketing grundlegend verändert. Ob bei der Identifikation relevanter Themen, der automatisierten Content-Erstellung oder der präzisen Erfolgsmessung. Marketeers bietet KI eine enorme Chance, ihre Inhalte effektiver zu planen, zu produzieren und zu verteilen, ohne dabei das menschliche Element der Kreativität aus den Augen zu verlieren.
Die Fokusgruppe Content Marketing & Communications widmet sich in einer vierteiligen Artikelserie den Vorteilen und Einsatzbereichen. Im ersten Beitrag beschäftigt sich Dr. Christian Fill mit dem Entwerfen einer Content-Strategie. Dabei schauen wir auf aktuelle Entwicklungen beim strategischen Umgang mit Inhalten.
Arjun Basu bringt es auf den Punkt: „Ohne Strategie ist Content nur Krempel. Und die Welt hat genug Krempel.“ Der kanadische Schriftsteller, der mit seiner “Flash Fiction” X aufzumischen begann, als die Plattform noch Twitter hieß, kann mit dieser Aussage ins KI-Content-Beratungsgeschäft einsteigen. Und das sofort, denn der Bedarf ist groß. Weltweit und im deutschsprachigen Raum.
Obwohl über 80 Prozent aller Unternehmen auf Content Marketing setzen (Quelle: Hubspot, 2022), haben laut des Content Marketing Instituts nur 40 bis über 60 Prozent der befragten Unternehmen auch eine Content-Marketing-Strategie (Content Marketing Institute, 2022). Zahlen, die erst einmal nur Aspekte im Marketing abdecken; wobei eine Content-Strategie auch den kontinuierlichen Fluss an Inhalten in Corporate und Internal Communications berücksichtigt. Vom strategischen Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) ganz zu schweigen.
Einer BVDW-Studie (2024) zufolge sehen über 60 Prozent der Unternehmen zwar Generative KI als zentral für ihre Unternehmensstrategie, aber nur 40 Prozent der Befragten nutzen sie tatsächlich mehrmals pro Woche.
KI und Krempel
International sieht es nur wenig besser aus: Die zum IT-Anbieter Semrush gehörende Content-Plattform MarTech bezifferte die „AI-Adoption“ in Unternehmen immerhin bei 74 Prozent (2023) – doch nur 31 Prozent wollen KI innerhalb eines Jahres auf regelmäßiger Basis einsetzen.
Damit zurück zur Content-Strategie: Unternehmen laufen offensichtlich auch heute noch Gefahr, ihre Inhalte nicht strategisch zu entwickeln und auszuspielen. Sie laufen Gefahr, Krempel und immer noch mehr Krempel zu produzieren.
Der Einsatz von KI, wenn die Verantwortlichen nicht über den Experimentierstatus hinauskommen, macht es erstmal nur einfacher, Krempel zu produzieren. Dabei haben schon viele Agenturen und Softwareanbieter Künstliche Intelligenz in Plattformen und Content-Strategie-Tools integriert.
Der schon etwas abgenutzte Spruch „A fool with a tool is still a fool” glänzt hier trotzdem immer noch, denn es ist zuerst wichtig zu wissen für die Content-Verantwortlichen in den Unternehmen und den Strategieberater*innen in den Agenturen, was es für eine erfolgreiche Content-Strategie braucht. Dann lohnt es sich, die einzelnen Etappen auf dem Weg dorthin gezielt durch KI zu unterstützen.
Der Weg zur Content-Strategie
Strategie hat zunächst immer mit Zielen zu tun. Unternehmensziele, Vertriebsziele, Marketingziele, Kommunikationsziele – eine Content-Strategie unterstützt deren Erreichen durch die abgestimmte Planung und zielgruppenadäquate sowie kanalspezifische Ausspielung von Inhalten – was Beratungs-Know-how mit redaktionellem Handwerk untrennbar verknüpft. Sind die Ziele gesetzt, die Zielgruppen umrissen oder, besser noch, Personas entwickelt, sowie messbare Kenngrößen definiert, dann fehlt noch die Core Story.
Die Core Story ist die zentrale Narrativstruktur, die Werte, Mission und Geschichte eines Unternehmens umfasst. Sie dient als Grundlage für alle Content-Aktivitäten; sie muss authentisch sein und emotional ansprechend. Sie ist in Kombination mit Zielen und Zielgruppen die Basis für eine Content-Strategie.
Darauf setzen die Botschaften auf. Dies sind die spezifischen Nachrichten, die durch die Content-Strategie an die Zielgruppen vermittelt werden und bei diesen Handlungen oder Emotionen auslösen sollen.
Jetzt den Überblick behalten – was einfach ist: mit einer Themenarchitektur. Oben stehen die Ziele, dann folgt die Core-Story, dann die Botschaften passend zu den Zielgruppen, und schließlich das, was der Themenarchitektur den Namen gibt: die Themen.
Einfache Themenarchitekturen lassen sich in Microsoft Excel bauen, um so für eine systematische Organisation und Strukturierung der Themen und für eine kohärente Umsetzung der Content-Strategie zu sorgen. Mehr Professionalität – inkl. zeitlicher Koordination in mehreren Kanälen – bringen strategische Redaktionsplattformen mit sich wie Scompler, Imory, Staffbases Mission Control und viele andere mehr.
Themen, das sind die spezifischen Inhalte oder Bereiche, die innerhalb der Content-Strategie abgedeckt werden. Sie sind relevant für die Zielgruppe, unterstützen die gesetzten Ziele und transportieren die Botschaften. Eine gut geplante Themenarchitektur hilft dabei, diese Themen zu strukturieren. Sie stellt sicher, dass alle Inhalte zusammenpassen und in verschiedenen Medienkanälen und -formaten abgestimmt publiziert werden. Und hier kommt das redaktionelle Handwerk erneut zum Zug: Beim Ersinnen und Erstellen der Beiträge, Interviews, Posts, Videos, Podcasts usw., bei allem, was schließlich bei der Rezipientin und dem Rezipienten ankommt.
KI in jedem Schritt
In jedem einzelnen Schritt zur Content-Strategie kann KI als hilfreiche Ergänzung zum Einsatz kommen.
Das Entwickeln von Zielen beruht auf Marktprognosen und der Analyse von Datenmengen – eine leidige Arbeit, bei der Künstliche Intelligenz ein willkommener Helfer ist. Kein Wunder, das viele Anbieter ihre Analysesoftware mit KI ausstatten.
Hand in Hand mit den Zielen geht einher, das Verhalten von Zielgruppen mit Eintrittswahrscheinlichkeiten vorherzusagen sowie die Definition von Personas.
Für die Core Story und die Botschaften lassen sich ChatGPT, Gemini, Claude, Jasper & Co. mit den erhobenen Daten und Personas füttern. Selten sitzt der erste Vorschlag, mehrfache Iterationen sind notwendig, um zum gewünschten Ergebnis zu gelangen. KI kann viel, vor allem kann sie menschliche Kreativität entfesseln.
Gleiches gilt für die Themenfindung: Ob mit Social Listening Tools wie Talkwalker oder BuzzSumo (um nur zwei von mehreren Dutzenden zu nennen) oder „händischem“ Einsatz von Perplexity und Google – kein*e Content-Verantwortliche*r wird sich bequem zurücklehnen und die Arbeit allein den Tools überlassen. Doch sie oder er wird darauf aufbauen, um relevante Themen zu identifizieren.
Die oben genannten Plattformen für strategische Content-Planung arbeiten intensiv daran (Stand Ende 2024), KI-Funktionen zur Themenfindung zu integrieren – und kombinieren dies gleich mit passenden Vorschlägen für Medienformate und Kanäle. Jeder Vorschlag – z. B. Magazinbeiträge, Blog-Posts, Updates, Whitepapers, Fallstudien, Podcasts, Videos usw. – kann dann so ausgewählt und auf die Zielgruppe abgestimmt werden, dass der Content die bestmögliche Wirkung erzielt.
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Fazit: Das bringt KI der Strategie
Ob in Unternehmenskommunikation oder auf Agenturseite: KI setzt Potenziale frei, an die vor zwei, drei Jahren nur mit mühsamer Arbeit zu denken war. Das betrifft nicht nur kreative Inhalte, sondern auch jene Prozesse, die helfen, diese Inhalte zu strukturieren und in effiziente Bahnen zu lenken – also Prozesse, die mit der Entwicklung und Umsetzung einer Content-Strategie zusammenhängen.
In Zahlen lässt sich am besten die Effizienz einschätzen: Zwischen 10 und 40 Prozent schneller als mit herkömmlichen Methoden lässt sich heute eine Content-Strategie entwickeln, wie Expert*innen schätzen.
Was auch mit einem massiven Wandel im Job der redaktionell Ausgebildeten einher geht: Wer gestern nur Redakteur war, muss heute vielmehr Content-Stratege sein und morgen ein Berater, der strategisches, organisatorisches, redaktionelles und technisches Know-how in sich vereint.
Sonst würde Content zum Krempel.
Und Krempel kann weg.
Autor
Dr. Christian Fill
Vorsitzender der Fokusgruppe Content Marketing & Communications
und Geschäftsführer bei der Kölner Content-Agentur Kammann Rossi